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Sandbanks Sunrise und Isle of Bright

February 22, 2010

Tagebucheintrag aus meiner seligen Zeit in Dorset, England

Ich bin heute Morgen um 6.45 Uhr aufgewacht. Wie an jedem neuen Tag begebe ich mich an mein Fenster, um mir Himmel, Horizont, die See und den Strand anzuschauen, und, wir sind in England, das Wetter. Heute war mein Himmel in leuchtendes Lila getaucht, während über der Isle of Wight feuerrote Wolken schwebten. Bei gutem Wetter ist es ob des Meerdunstes kaum möglich, die massive Steilküste dieser fernen Insel auszumachen, dafür erscheint sie bei dichter Wolkendecke so deutlich wie ein weißer Walfischrücken. Auch nun, vor Sonnenaufgang, sah ich sie vor dem Horizont.

Die Wolken über der mir zugewandten Seite der Isle of Wight, über der Alum Bay mit ihren berühmt-berüchtigten, haushoch aus dem Wasser ragenden Kreidefelsen der Needles, gleißten immer feuerheller. Sie schoben sich im Meereswindtempo an der Insel vorbei, verloren dabei ihre grelle Farbe, aber andere Wolken kamen und wurden ebenso angestrahlt. Sie selbst wiederum warfen den Glanz auf die ruhige See und ein Schwarm Zugvögel flog durch den Schimmer.

Um ungefähr sieben Uhr sah man endlich die Glut, die die Wolken beleuchtet hatte, über der Insel hervorragen. Es war, als ob ein “Flammendes Inferno” sich der Isle of Wight bemächtigt hatte, als ob des Eilandes Wald und Wiesen brannten, ebenso Häuser und Berge, und nun würde sich also das Feuer des Himmels bemächtigen: Die Sonne ging auf.

Und es erschien, als ob sie die ganze Nacht in einem Krater im Inselhinterland gefangen gehalten wurde, und nun, um sieben Uhr also betätigte dort ein Mensch, wie dereinst Ernst Stavro Blofeld, auf die Uhr sehend, einen Hebel, der die Kratermündung öffnet und die Sonne schwebt wie ein Heißluftballon heraus gen Zenit. Bald wird sie den Schoß der Insel verlassen haben. Immer größer werdend und voller, drängt sie sich durch die Wolken, die wie ihre Morgenmüdigkeit aussehen.

Und je weiter sie wie Phönix aufsteigt, wie ein Ikarus, der die Sonne nicht fürchten muss, desto blasser wird die Insel, die phönizisch-aschgrau kaum noch den östlichen Horizont verstellt. Je weiter die Sonne auf ihrer Monoschiene gen Himmel schwebt, desto blasser wird auch sie und ihr Umfang nimmt wieder ab.

Hotelgäste stehen auf der Terrasse des Sandbanks Hotels und sehen gleich mir dem Schauspiel auf der feuchten Bühne des Meeres zu: “Seht, wie der Morgen öffnet sein golden Tor und er spricht: So fahre denn wohl, Du Sonnenglor”, (Mist, wenn man gerade Shakespeares Heinrich VI auf englisch liest und dann gewisse Passagen eigenhändig übersetzen muss!) 

Schwanenseh

February 22, 2010

Eines Sommers saß ich einst, in tiefer Betrachtung des abendlichen Meeres versunken, am Ostseestrande. Friedliche Wellen schwappten sanft heran, auf den Buhnen ruhten nun schweigend schon die Möwen, die letzten zwei Sommerfrischler lustwandelten eben noch durch die Dämmerstunde, ein Paar umschlang sich eng irgendwo hoch oben in den Dünen und drei schläfrige Fischkutter, an Land gezogen, streckten tiefe Sandfurchen Ihrer See zu.

Plötzlich trat ein Schwan heran, gemächlich und herrschaftlich schritt er die Gestade entlang und wog wohl ab, ob er seinen Po dem großen Wasser angedeihen lassen sollte. Er blieb ein Weilchen stehen und betrachtete wie ich die milde, in sich ruhende See. Dann, sehr langsam, drehte er sich um, musterte mich kurz, wünschte einen schönen Abend und ging den Strand hinan von dannen.

Herbstküste

February 22, 2010

Mein aller Zeiten bestes Foto. Geschossen Herbst 2000 in St. Peter Ording

Günter

February 22, 2010

Der verstorbene (zweite) Mann meiner Frau Mutter. Sie, im Gegensatz zu mir, mag dieses Foto nicht, weil er da so alt aussieht. Geschossen auf meinem Besuch während eines seiner letzten Urlaubstage. Was war er doch für ein geiler Typ!

Sixties Garage

February 22, 2010

Das ist KEIN altes Foto vom Flohmarkt! Geschossen Sommer 2007

Eines Wintermorgens auf der Krugkoppelbrücke

February 22, 2010

In Hamburg

As idle as a painted ship upon a painted ocean.

February 22, 2010

Mein Ausblick in Sandbanks Peninsular, England. Und mein Lieblingsvers. Von Coleridge, The Rime Of The Ancient Mariner.

Everything about him was old except his eyes and they were the same colour as the sea and were cheerful and undefeated.

February 22, 2010

Poole Harbour in meiner Heimat in Südengland. Das kommt mir so hemingwayesk vor.

Zipang (oder l’adieu de la haute cuisine française oder Frogs, this seems to be your next Waterloo… and Trafalgar)

February 22, 2010

Sacré bleu, der großnationalen hohen Küche Frankreichs scheint der Frosch im Halse stecken zu bleiben! Sie sieht rot, da ihre eigene gastronomische Bibel, der frevlerische Guide Michelin, heuer Tokio mehr Dreisternerestaurants als dem altvorderen Gourmet-Olymp an der Seine bescheinigt hat.

Die Tester des Reifengiganten, deren rotklappriger Führer gerade mal vor drei Jahren zum ersten Mal für Tokio herausgegeben ward, haben sich diesen Schritt hoffentlich reiflich und lange überlegt, sind in einen Bunker gezogen und fahren mit gepanzerten Limousinen und bis an les dents bewaffneten Bodyguards jeden Tag eine andere Strecke ins Hochsicherheitstraktbüro. Einer Nation wie Frankreich und Gastronomen wie den französischen sagt man nicht ohne Angstschweiß in der Pantalon und ohne Muffe auf Grundeis, dass sie nicht mehr die Besten sind.

Mein lukullischer Lieblingsplatz war von jeher auf und an einem Möbelstück in einem Etablissement französischer Kochkunst, verdammt noch mal, selbst wenn es nur Käse und Wein geben würde, wer könnte ihnen das Evian reichen? Auf den nächsten fünf Plätzen meiner persönlichen Gastro-Top-Ten liegen aber schon asiatische Küchennationen und die japanische hat nicht erst seit dem Besuch im Zipang, um endlich die Butter bei die Fische zu tun, den Coqs, Canards, Boefs, Coquilles St Jacques, Cuisses de Grenouille, Escargots, Foies Gras ganz gehörig Sake übers Chemisett geschüttet. Allein die künstlerisch hochwertige Drapierung der Speisen müsste alle Designnobelpreisoscars bekommen, wie auch den großen Danksagungs- und Ehrenpreis für das Lebenswerk der Schieferplattenhersteller.

Das einzig Negative vorweg, die Auswahl des Standortes am etwas unflotten Ende des Eppendorfer Weges kommt mir so verwegen und ein wenig deplaciert vor, als wenn ich eine Currywurstpapptellerbude in Harvestehude aufmachen wollte. Darob scheint es auch nur zur Mittagstischzeit etwas lebendiger zu sein, was unendlich schade ist und mir ein sehr böses Omen orakelt. Nicht ohne Grund lautet das britische oberste Businessgebot „Bums on seats“.

Usui –san, der Patron, hieß uns auf charmantester japanischer Weise in seinem kleinen und typisch minimalistischen Restaurant willkommen und kredenzte alsbald ein sechsgängiges Überraschungsmenü, das auf meiner „Pannenstatistik“ ganz nach oben schnellte, will heißen, ich habe selten einen Restaurantbesuch erlebt, bei dem mir alles pläsierte. Und das einzige, das meinem unglaublich verwöhnten Gaumen hier nicht ganz so enthusiasmierte, war der marinierte Lachs, der natürlich ob seiner Mariniertheit nicht so tau- bzw. fangfrisch goutierte, wie man es sonst in Hamburg gewohnt ist. Allerdings ist der Lachs wie ein Jack Russell Terrier, der kann so einiges vertragen. Ein zartbesaiteter Fisch hätte da schnell zum japanischen Edelfechteisen gegriffen und sich geschmackloserweise auf der Stelle exekutiert.

Da ich bereits als Kind behauptete, ich könne mich gut von Speiseeis allein ernähren, strahlten meine Augen wie eine Taschenlampe auf Speed, als ich zum Zwischengang ein Sorbet serviert bekam, das aus der japanischen Petersilie hergestellt war und leicht waldmeisterhaft schmeckte. Es war jedoch nicht von banaler geschmeidiger, adhäsiver Natur sondern bestand aus lockeren, sich nicht miteinander vermengenden Eisflocken, wie man sie auf den Wischerblättern seines gerade frisch frei gekratzten, wintrigen Automobils vorfindet.

Das Dessert gestaltete sich als eine, die meisten modernen Kunstwerke in den Schatten stellende, Wasabieiskugel in einer aus Zucker gefertigten, stilistischen Blume auf Schiefer. Hier gesellte sich ein großes Hallo zu uns, denn das Eis schmeckte vorne wie ein süßes Sahneeis und knallte uns hinten alle Sicherungen raus.

Das Matsumi thront sicher und fest als Tenno in der Innenstadt und in Eimsbüttel ist nun der Bug meiner kulinarischen Karavelle endlich nach langer Irrfahrt an den Strand geschubbert, an den Strand eines goldenes Landes. So hatte Marco Polo Japan im 13. Jahrhundert auf chinesisch benannt – Zipang. Hier werde ich mit der größten Vorfreude wieder festmachen, und das bei Weitem nicht nur, weil die Kellnerin so süß ist. Adieu oder zumindest à bientôt Haute Cuisine, moshi moshi la novelle cuisine japonaise!

Nachsatz mit Nachdruck: Kinners, geht da hin, aber lasst mir einen Tisch übrig!

Zipang, Eppendorfer Weg 171, 20253 Hamburg, 040-432 800 32, http://www.zipang.de